3.8.1.: Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

3.8.1.1. Spezifische Zielorgan-Toxizität (einmalige Exposition): die spezifische nichtletale Zielorgan-Toxizität nach einmaliger Exposition gegenüber einem Stoff oder Gemisch. Dazu gehören alle eindeutigen Auswirkungen auf die Gesundheit, die Körperfunktionen beeinträchtigen können, unabhängig davon, ob sie reversibel oder irreversibel sind, unmittelbar und/oder verzögert auftreten, sofern sie nicht ausdrücklich in den Abschnitten 3.1 bis 3.7 und 3.10 behandelt werden (siehe dazu auch Abschnitt 3.8.1.6).
3.8.1.2. Eine Einstufung bedeutet, dass der Stoff oder das Gemisch eine spezifische Zielorgan-Toxizität besitzt und damit die Gesundheit von exponierten Personen beeinträchtigt werden kann.
3.8.1.3. Zu diesen durch einmalige Exposition verursachten schädlichen Auswirkungen auf die Gesundheit gehören konsistente und erkennbare toxische Wirkungen beim Menschen oder — für die menschliche Gesundheit relevante — toxikologisch eindeutige Veränderungen bei Versuchstieren, die die Funktion oder Morphologie eines Gewebes/Organs beeinträchtigt oder ernstzunehmende Veränderungen der Biochemie oder Hämatologie des Organismus hervorgerufen haben.
3.8.1.4. Bei der Beurteilung sind nicht nur eindeutige Veränderungen in einem einzigen Organ oder biologischen System zu berücksichtigen, sondern auch allgemeine Veränderungen geringerer Schwere in mehreren Organen.
3.8.1.5. Eine spezifische Zielorgan-Toxizität kann über sämtliche beim Menschen relevanten Expositionswege auftreten, d. h. hauptsächlich oral, dermal oder nach Inhalation.
3.8.1.6. Die Einstufung aufgrund einer spezifischen Zielorgan-Toxizität nach wiederholter Exposition erfolgt wie in Abschnitt 3.9 (Spezifische Zielorgan-Toxizitätwiederholte Exposition) beschrieben und ist daher nicht Gegenstand des Abschnitts 3.8. Weitere nachstehend aufgeführte spezifische Toxizitätswirkungen werden getrennt beurteilt und fallen daher nicht unter diesen Abschnitt:
a) akute Toxizität (Abschnitt 3.1);
b) Ätz-/Reizwirkung auf die Haut (Abschnitt 3.2);
d) Sensibilisierung der Atemwege oder der Haut (Abschnitt 3.4);
e) Keimzellmutagenität (Abschnitt 3.5);
f) Karzinogenität (Abschnitt 3.6);
g) Reproduktionstoxizität (Abschnitt 3.7) und
h) Aspirationsgefahr (Abschnitt 3.10).
3.8.1.7. Die GefahrenklasseSpezifische Zielorgan-Toxizität (einmalige Exposition)“ wird wie folgt differenziert:
spezifische Zielorgan-Toxizität (einmalige Exposition), Kategorien 1 und 2;
spezifische Zielorgan-Toxizität (einmalige Exposition), Kategorie 3.

Siehe dazu Tabelle 3.8.1.


Tabelle 3.8.1

Kategorien der spezifischen Zielorgan-Toxizität bei einmaliger Exposition

Kategorien

Kriterien

Kategorie 1

Stoffe, die beim Menschen eindeutig toxisch wirken oder von denen auf der Grundlage von Befunden aus tierexperimentellen Studien anzunehmen ist, dass sie beim Menschen nach einmaliger Exposition eindeutigtoxisch wirken können.

Als zielorgantoxisch (einmalige Exposition) der Kategorie 1 werden Stoffe auf folgender Grundlage eingestuft:

a)  zuverlässige und hochwertige Nachweise beim Menschen, aus Fallstudien oder aus epidemiologischen Studien oder

b)  Beobachtungen eindeutiger und/oder schwerer toxischer Wirkungen aus geeigneten tierexperimentellen Studien, die für die menschliche Gesundheit relevant sind, bei generell niedrigen Expositionskonzentrationen. Leitwerte für Dosis-/Konzentrationsrichtwerte, die im Rahmen der Ermittlung der Beweiskraft zu verwenden sind, sind in Abschnitt 3.8.2.1.9 angegeben.

Kategorie 2

Stoffe, von denen auf der Grundlage von Befunden aus tierexperimentellen Studien angenommen werden kann, dass sie sich bei einmaliger Exposition schädlich auf die menschliche Gesundheit auswirken können.

Als zielorgantoxisch (einmalige Exposition) der Kategorie 2 werden Stoffe auf der Grundlage von Beobachtungen im Rahmen geeigneter tierexperimenteller Studien eingestuft, bei denen es zu eindeutigen toxischen Wirkungen mit Relevanz für die menschliche Gesundheit bei allgemein moderaten Expositionskonzentrationen kam. Richtwerte für Dosis/Konzentration als Hilfe für die Einstufung werden in Abschnitt 3.8.2.1.9 angegeben.

In Ausnahmefällen können auch Erfahrungen beim Menschen für eine Einstufung in die Kategorie 2 verwendet werden (siehe Abschnitt 3.8.2.1.9).

Kategorie 3

Reversible Wirkungen auf Zielorgane

Unter diese Kategorie fallen nur narkotisierende Wirkungen und Atemwegsreizungen. Dabei handelt es sich um Wirkungen auf Zielorgane, bei denen ein Stoff die obigen Kriterien für eine Einstufung in die Kategorien 1 oder 2 nicht erfüllt. Dieses sind Wirkungen, die die menschlichen Körperfunktionen nach der Exposition vorübergehend beeinträchtigen und von denen sich der Mensch in einem angemessenen Zeitraum erholt, ohne dass eine nennenswerte strukturelle oder funktionelle Beeinträchtigung zurückbleibt. Stoffe mit diesen Wirkungen werden gemäß Abschnitt 3.8.2.2 gesondert eingestuft.

Hinweis: Es ist zu versuchen, das Hauptzielorgan der toxischen Wirkung zu ermitteln und eine entsprechende Einstufung vorzunehmen, etwa als Hepatotoxin oder Neurotoxin. Die Daten sind sorgfältig zu bewerten und es sind möglichst keine Nebenwirkungen einzubeziehen (Hepatotoxine können sekundäre Wirkungen im Nerven- oder Verdauungssystem hervorrufen).