4.1.1.: Begriffsbestimmungen und allgemeine Erwägungen

4.1.1.1. Begriffsbestimmungen
a) Akute aquatische Toxizität: die intrinsische Eigenschaft eines Stoffes, einen Wasserorganismus bei kurzfristiger aquatischer Exposition zu schädigen.
b) ►M12  Kurzfristige (akute) Gefährdung ◄ : zu Einstufungszwecken die Gefährdung, die von einem Stoff oder Gemisch aufgrund seiner akuten Toxizität für einen Organismus bei kurzfristiger aquatischer Exposition gegenüber diesem Stoff oder Gemisch ausgeht.
c) Verfügbarkeit eines Stoffes: das Ausmaß, in dem dieser Stoff zu einer löslichen oder dissoziierten Spezies wird. Bei Metallen handelt es sich dabei um das Ausmaß, in dem der Anteil von Metallionen einer metallischen Verbindung (M°) von der übrigen Verbindung (Molekül) dissoziieren kann.
d) Bioverfügbarkeit (oder biologische Verfügbarkeit): das Ausmaß, in dem ein Stoff von einem Organismus resorbiert und in einem Bereich innerhalb dieses Organismus verteilt wird. Sie hängt von den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Stoffes, von Anatomie und Physiologie des Organismus, der Pharmakokinetik und dem Expositionsweg ab. Die Verfügbarkeit ist keine Voraussetzung für die Bioverfügbarkeit.
e) Bioakkumulation: das Nettoergebnis von Aufnahme, Umwandlung und Ausscheidung eines Stoffes in einem Organismus über sämtliche Expositionswege (d. h. Luft, Wasser, Sediment/Boden und Nahrung).
f) Biokonzentration: das Nettoergebnis von Aufnahme, Umwandlung und Ausscheidung eines Stoffes in einem Organismus durch Exposition über das Wasser.
g) Chronische aquatische Toxizität: die intrinsische Eigenschaft eines Stoffes, im Verlauf von aquatischen Expositionen, die im Verhältnis zum Lebenszyklus des Organismus bestimmt werden, schädliche Wirkungen bei Wasserorganismen hervorzurufen.
h) Abbau: die Zersetzung organischer Moleküle in kleinere Moleküle und schließlich in Kohlendioxid, Wasser und Salze.
i) ECx : die Wirkungskonzentration, mit der eine Reaktion von x % einhergeht.
j) ►M12  Langfristige (chronische) Gefährdung ◄ : zu Einstufungszwecken die Gefährdung, die von einem Stoff oder Gemisch aufgrund seiner chronischen Toxizität nach einer langfristigen Exposition in aquatischer Umgebung ausgeht.
k) Konzentration ohne messbaren Effekt (NOEC — No Observed Effect Concentration): die Prüfkonzentration, die unmittelbar unter der schwächsten geprüften Konzentration liegt, bei der eine statistisch signifikante, schädliche Auswirkung aufgetreten ist. Die NOEC hat gegenüber der Kontrollkonzentration keine statistisch signifikante, schädliche Auswirkung.
4.1.1.2. Grundelemente
4.1.1.2.0.

►M12  Gewässergefährdend ist wie folgt differenziert:

 kurzfristig (akut) gewässergefährdend,

 langfristig (chronisch) gewässergefährdend. ◄

4.1.1.2.1.

Folgende Grundelemente werden für die Einstufung aufgrund von Gefahren für die aquatische Umwelt verwendet:

 akute aquatische Toxizität,

 chronische aquatische Toxizität,

 potenzielle oder tatsächliche Bioakkumulation und

 Abbau (biotisch oder abiotisch) bei organischen Chemikalien.

4.1.1.2.2.

Daten sind vorzugsweise unter Anwendung der in Artikel 8 Absatz 3 bezeichneten standardisierten Prüfmethoden zu gewinnen. In der Praxis sind jedoch auch aus anderen standardisierten Prüfverfahren wie nationalen Methoden hervorgegangene Daten zu verwenden, wenn diese als gleichwertig gelten. Liegen valide Daten aus nicht standardisierten Prüfverfahren und Informationen, die nicht aus Labortests hervorgegangen sind, vor, sind diese bei der Einstufung zu berücksichtigen, sofern sie die Anforderungen gemäß Anhang XI Abschnitt 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 erfüllen. Generell werden Toxizitätsdaten sowohl von Süßwasserarten als auch von Salzwasserarten als für die Verwendung zur Einstufung geeignet betrachtet, sofern die verwendeten Verfahren für die Prüfung gleichwertig sind. Liegen keine derartigen Daten vor, erfolgt die Einstufung auf der Grundlage der besten verfügbaren Daten. Siehe dazu auch Anhang I Teil 1 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008.

4.1.1.3. Sonstige Erwägungen
4.1.1.3.1.

Für die Einstufung von Stoffen und Gemischen aufgrund ihrer Umweltgefahren müssen ihre Gefahren für die aquatische Umwelt ermittelt werden. ►M12  Als aquatische Umwelt sind die aquatischen Organismen, die im Wasser leben, und das aquatische Ökosystem, zu dem sie gehören, zu betrachten. Die Basis für die Ermittlung der kurzfristigen (akuten) und der langfristigen (chronischen) Gefahren ist daher die aquatische Toxizität des Stoffs oder Gemischs, auch wenn diese unter Berücksichtigung weiterer Informationen über das Abbau- und das Bioakkumulationsverhalten geändert werden soll, falls dies angezeigt ist. ◄

4.1.1.3.2.

Das Einstufungssystem gilt zwar für alle Stoffe und Gemische, für Sonderfälle werden jedoch die von der Europäischen Chemikalienagentur herausgegebenen Leitlinien anerkannt.