2.1.4.: Zusätzliche Hinweise für die Einstufung

2.1.4.1. Die Einstufung von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen in die Gefahrenklasse der explosiven Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff und die anschließende Einordnung in einer Unterklasse ist ein sehr komplexes Verfahren in drei Schritten. Dabei ist auf Teil I der ►M4  UN RTDG ◄ , Handbuch über Prüfungen und Kriterien, Bezug zu nehmen.

Als erstes muss festgestellt werden, ob der Stoff oder das Gemisch explosive Wirkungen hat (Prüfserie 1). Danach erfolgt das Aufnahmeverfahren (Prüfserien 2 bis 4) und als dritter Schritt die Einordnung in eine Gefahrenunterklasse (Prüfserien 5 bis 7). Die Beurteilung, ob ein Stoff oder Gemisch, der/das für eine Einstufung als „Ammoniumnitratemulsion, -suspension oder -gel, Zwischenprodukt für die Herstellung von Sprengstoffen, (ANE)“ in Betracht kommt, hinreichend unempfindlich ist, um als oxidierende Flüssigkeit (Abschnitt 2.13) oder als oxidierender Feststoff (Abschnitt 2.14) eingeordnet zu werden, erfolgt auf der Grundlage von Prüfungen im Rahmen der Prüfserie 8.

Explosive Stoffe und Gemische, die mit Wasser oder Alkohol befeuchtet oder mit anderen Stoffen verdünnt in Verkehr gebracht werden, um ihre explosiven Eigenschaften zu unterdrücken, können je nach ihren physikalischen Eigenschaften hinsichtlich der Einstufung anders behandelt und anderen Gefahrenklassen zugeordnet werden (siehe auch Anhang II Kapitel 1.1.).

Bestimmte physikalische Gefahren (die durch explosive Eigenschaften bedingt sind) werden durch Verdünnung, wie im Fall desensibilisierter explosiver Stoffe/Gemische, durch Hinzufügen zu einem Gemisch oder Erzeugnis, durch Verpackung oder weitere Faktoren beeinflusst.

Das Einstufungsverfahren ist gemäß der nachstehenden Entscheidungslogik festgelegt (siehe Abbildungen 2.1.1 bis 2.1.4).

Abbildung 2.1.1
Fließdiagramm für das gesamte Verfahren zur Einstufung eines Stoffes, Gemisches oder Erzeugnisses in die Gefahrenklasse der explosiven Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff (Klasse 1 für die Beförderung) image
►(6) M2  
►(6) C4   ►(6) C4   ►(6) C4   ►(6) C4  
►(6) M4  

Abbildung 2.1.2
Verfahren zur vorläufigen Aufnahme eines Stoffes, Gemisches oder Erzeugnisses in die Gefahrenklasse der explosiven Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff (Klasse 1 für die Beförderung) image
►(6) C4   ►(6) C4   ►(6) C4   ►(6) C4   ►(6) C4   ►(6) C4  

Abbildung 2.1.3
Verfahren für die Zuordnung zu einer Unterklasse der Klasse explosiver Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff (Klasse 1 für die Beförderung) image

Abbildung 2.1.4

Verfahren zur Einstufung von Ammoniumnitratemulsionen, -suspensionen oder -gels (ANE)

image

2.1.4.2. Screeningverfahren

Explosive Eigenschaften sind verknüpft mit dem Vorhandensein von bestimmten chemischen Gruppen im Molekül, die bei einer Reaktion einen sehr raschen Temperatur- oder Druckanstieg bewirken können. Zweck des Screeningverfahrens ist es festzustellen, ob derartige reaktive Gruppen und das Potenzial für eine rasche Energiefreisetzung vorhanden sind. Wird anhand des Screeningverfahrens erkannt, dass der Stoff oder das Gemisch möglicherweise explosiv ist, muss das Aufnahmeverfahren (siehe Abschnitt 10.3 der ►M4  UN RTDG ◄ , Handbuch über Prüfungen und Kriterien) durchgeführt werden.

Hinweis:

Beträgt die exotherme Zersetzungsenergie des organischen Materials weniger als 800 J/g, braucht weder die Detonationsweiterleitung nach Prüfmethode a noch die Empfindlichkeit gegen Detonationsstoß nach Prüfmethode 2a geprüft zu werden. Beträgt die Zersetzungsenergie von organischen Stoffen oder Gemischen aus organischen Stoffen 800 J/g oder mehr, brauchen die Prüfmethoden 1a und 2a nicht durchgeführt zu werden, falls das Ergebnis der Ballistischen-Mörser-Mk.IIID-Prüfung (F.1) oder der Ballistischen Mörserprüfung (F.2) oder der BAM-Trauzl-Prüfung (F.3) mit Auslösung über einen Standarddetonator Nr. 8 (siehe Anlage 1 des Handbuchs für Prüfungen und Kriterien der UN-Empfehlungen über die Beförderung gefährlicher Güter) „Nein“ lautet. In diesem Fall gelten die Ergebnisse, die mit Prüfmethode 1a und 2a erzielt werden, als „-“.
2.1.4.3. Ein Stoff oder Gemisch ist nicht als explosiv einzustufen, wenn:
a) in dem Molekül keine chemischen Gruppen vorhanden sind, die auf mögliche explosive Eigenschaften hinweisen. Beispiele für Gruppen, die Anhaltspunkte für explosive Eigenschaften geben können, sind in Anhang 6 Tabelle A6.1 der ►M4  UN RTDG ◄ , Handbuch über Prüfungen und Kriterien, aufgeführt sind, oder
b) der Stoff chemische Gruppen mit Sauerstoffatomen enthält, die auf explosive Eigenschaften hinweisen, die errechnete Sauerstoffbilanz aber kleiner als - 200 ist.

Die Sauerstoffbilanz der chemischen Reaktion berechnet sich wie folgt:

CxHyOz+ [x+ (y/4)-(z/2)] O2 → x CO2 + (y/2) H2O

unter Verwendung folgender Formel:

Sauerstoffbilanz = -1 600 [2x + (y/2)-z]/Molekulargewicht;

c) der organische Stoff oder ein homogenes Gemisch organischer Stoffe chemische Gruppen enthält, die auf explosive Eigenschaften hinweisen, die exotherme Zersetzungsenergie aber kleiner als 500 J/g ist und die exotherme Zersetzung unterhalb von 500 °C einsetzt. Die Energie, die bei der exothermen Zersetzung freigesetzt wird, kann mit einem geeigneten kalorimetrischen Verfahren bestimmt werden; oder
d) bei Gemischen aus anorganischen oxidierenden Stoffen und organischen Materialien die Konzentration des anorganischen oxidierenden Stoffes:
unter einem Massenanteil von 15 % liegt, falls der oxidierende Stoff den Kategorien 1 oder 2 zugeordnet ist,
unter einem Massenanteil von 30 % liegt, falls der oxidierende Stoff der Kategorie 3 zugeordnet ist.
2.1.4.4. Bei Gemischen, die irgendeinen bekanntermaßen explosiven Stoff enthalten, ist das Aufnahmeverfahren durchzuführen.